Die Psychologie des Geldes


In Die Psychologie des Geldes beschreibt der Kolumnist und Risikokapitalgeber Morgan Housel den Einfluss der Psychologie auf unsere finanziellen Entscheidungen. Aus den 20 Lektionen, die sich über 20 Kapitel strecken, lassen sich finanzielle Irrtümer sowie negative Verhaltensweisen identifizieren, die sich vermeiden lassen und so zu einem gesünderen Umgang mit Geld führen können.

Im Nachfolgenden werden die 17 (aus meiner Sicht relevanten) Lektionen kurz dargestellt.

1. Niemand ist verrückt

Gelegentlich stolpern wir über Entscheidungen anderer Personen, die uns als schlecht oder gar verrückt erscheinen. Den wenigsten Menschen ist bewusst, dass niemand (oder zumindest der Großteil der Menschen) bewusst verrückte Entscheidungen trifft. Vielmehr handelt die betreffende Person aus ihrer Perspektive heraus und mittels der begrenzten Informationen, die ihr zur Verfügung stehen. So kann eine finanzielle Entscheidung aus der Perspektive der betreffenden Person als einzig vernünftige Entscheidung erscheinen, wohingegen andere Markteilnehmer diese als fahrlässig ansehen.

Als Beispiel wird das Spielen von Lotto angeführt. Eine Person, die ein gutes Gehalt erhält, in einem Eigenheim wohnt und sich den Jahresurlaub leisten kann, wird vermutlich nicht Lotto spielen, wenn sie den eigenen Traum lebt. Eine Person, die hingegen von der Hand in den Mund lebt und keine Rücklagen bilden kann, für die ein Urlaub nichts als ein Traum darstellt, wird mit höherer Wahrscheinlichkeit Lotto spielen, da sie so immerhin vom Traumleben träumen kann.

2. Glück und Pech

Die meisten erfolgreichen Menschen und jene, die es gerne sein möchten, hängen dem Glauben nach, dass Erfolg ausschließlich von harter Arbeit und genügend Wissen herrührt. Oft wird jedoch übersehen, dass Glück und Pech eine ebenso große Rolle spielen. Wäre Bill Gates nicht auf eine der wenigen Schulen mit einem Computer gegangen, hätte er möglicherweise nicht Microsoft gegründet und wäre nicht einer der reichsten Menschen der Welt geworden.

Erfolg ist zudem ein sehr schlechter Lehrer:

Erfolg ist ein ganz schlechter Lehrer. Er verleitet kluge Menschen zu dem Glauben, sie könnten nicht verlieren.

Bill Gates

3. Unersättlich

Eine recht kurze Lektion, die jedem ein Begriff sein sollte, ist jene der Unersättlichkeit. Der Autor bringt es in einem Satz auf den Punkt:

Es gibt keinen Grund, das aufs Spiel zu setzen, was du hast und brauchst, für etwas, dass du nicht hast und nicht brauchst.

4. Exponentielles Wachstum will und nicht in den Kopf

Jeder lernt, dass exponentielles Wachstum der Schlüssel für Vermögen und Reichtum ist. Allerdings verstehen viele Menschen exponentielles Wachstum nicht. Oder besser: Das Prinzip wird verstanden, aber es wird nicht ausgenutzt. Die Kunst besteht darin, das exponentielle Wachstum als solches zu akzeptieren und zu mögen, es einfach strikt zu befolgen.

5. Reich werden und reich bleiben

Wer finanzielles Interesse besitzt, ist stets darauf bedacht, mehr darüber zu erfahren, wie man reich wird. Allerdings wird weit weniger darüber nachgedacht (und auch publiziert), wie man reich bleibt. Hierfür kann eine gesunde Schizophrenie hilfreich sein:

Eine gewissen Schizophrenie ist unerlässlich - optimistisch in die Zukunft blicken, aber gleichzeitig paranoid gegenüber dem zu sein, was einen daran hindern könnte, in diese Zukunft zu gelangen.

6. Die Logik extremer Ereignisse

Extremereignisse sind dafür zuständig, dass sie uns als Menschheit voranbringen, da sie uns zum Umdenken zwingen. Diese Extrema sind es auch, die schnellen Reichtum und schnellen Verlust maßgeblich prägen. Man muss nicht mit jeder Entscheidung richtig liegen. Wichtig ist, dass man bei den entscheidenen richtig liegt. Und dazu reicht es vollkommen, einen klaren Kopf zu bewahren oder wie der Autor es ausdrückt:

Der geniale Anleger zeichnet sich dadurch aus, dass er in Momenten, in denen alle den Kopf verlieren, Durchschnittliches vollbringt. Extremereignisse bestimmen alles.

7. Freiheit

Die siebte Lektion heißt Freiheit. Im Kern geht es darum, dass Geld, Statussymbole oder hohe Positionen allein nicht glücklich machen. Vielmehr ist der Treiber des Glücks die persönliche Freiheit. An dieser Stelle ist vor allem von der finanziellen und zeitlichen Freiheit die Rede. An dieser Stelle wird auch der Begriff der Reaktanz genannt und beschrieben: Fremdbestimmt etwas tun zu müssen, dass man eigentlich liebt, ist so, als würde man die Sache hassen.

Die persönliche Freiheit ist den Menschen oft wichtiger, als ihnen selbst bewusst ist. Tatsächlich werden meist eher gute Freundschaften, das Gefühl, Teil etwas Größeren zu sein als man selbst, und die Möglichkeit, viel Zeit mit den Kindern zu verbringen geschätzt.

Wie die finanzielle Freiheit und die Unabhängig von Anderen gelingen kann? Da gibt es viele Möglichkeiten. An dieser Stelle soll nur folgendes Zitat John D. Rockefellers folgen:

A wise old owl lived in an oak, The more he saw the less he spoke, The less he spoke the more he heard, Why aren’t we all like that wise old owl?

8. Das Mann-im-Auto-Paradox

Aus den vergangenen Lektionen ging bereits indirekt hervor, dass Menschen vor allem nach Anerkennung und Respekt streben. Die größte Fehleinschätzung besteht darin, dass wenn man Luxusartikel besitzt, beispielsweise ein teures Auto, dass einem Respekt und Anerkennung zuteil wird. Tatsächlich interessiert sich niemand für den Besitzer des Autos, sondern für das Auto selbst.

Statt Geld für unnötige Luxusartikel auszugeben, geht diese Lektion in eine andere Richtung:

Bescheidenheit, Freundlichkeit und Mitgefühl werden dir mehr Respekt einbringen, also noch so viele Pferdestärken es je vermögen.

9. Vermögen ist das, was man nicht sieht

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist ebenfalls Folgender: Reichtum und Vermögen sind das Gleche. Vereinfacht gesagt ist Reichtum das, was man sieht, und Vermögen das, was man nicht sieht. Das zu verstehen, sollte nicht allzu schwer sein: Je mehr Kapital ich ausgebe (für Autos oder andere Luxusartikel ohne Investmenthintergrund), um meinen Reichtum zu zeigen, desto weniger Vermögen bleibt übrig

Heißt: Nur weil jemand seinen Reichtum zeigt, heißt es nicht, dass die Person auch vermögend ist. Tatsächlich kann der Bankrott auch hinter der nächsten Ecke warten.

10. Sparen

Die zehnte Lektion handelt vom Sparen.

Jenseits eines gewissen Ausgabenniveaus gibt man sein Geld nur noch fürs Ego aus.

Konsequenterweise sollte man sich einen sparsamen Lebensstil aneignet und möglichst viel Geld anlegen.

11. Überraschung!

Die Geschichte untersucht Veränderungen, wird aber paradoxerweise als Blaupause für die Zukunft verwendet. Wie bereits Scott Sagan - Professor für Politikwissenschaften in Stanford - sagte:

Ständig geschehen Dinge, die nie zuvor passiert sind.

Auch in finanzieller Hinsicht haben Überraschungen - unerwartete Ereignisse - den größten Einfluss auf den Erfolg von Investitionen. Die Frage ist, wie wir mit Überraschungen und Extremsituationen umgehen.

12. Sicherheitspuffer

Eine Möglichkeit mit den eben skizzierten Überraschungen umzugehen, ist einen Sicherheitspuffer zu verwenden. Ziel des Ganzen ist es, am Ende ruhiger schlafen zu können.

Der wichtigste Teil jedes Plans besteht darin, für den Fall zu planen, dass der Plan nicht nach Plan läuft.

Überspitzt kann man das Investieren ohne Sicherheitspuffer als Russisch-Roulette-Syndrom bezeichnen:

Statistisch gesehen sollte Russisch Roulette funktionieren.

Allerdings ist es das Risiko nicht wert, wenn man zwar eine 95% Gewinnchance hat, bei den restlichen 5% allerdings einen Totalverlust erleidet.

13. Du wirst dich verändern

Als Persönlichkeiten werden wir uns im Laufe unseres Lebens verändern. Problematisch wird es, wenn wir zu sehr an unseren früheren Entscheidungen und Investments hängen. Dies kann der Fall sein, wenn wir nicht wahr haben wollen, dass sie schlecht waren oder wir uns eben verändert haben und unsere früheren Entschiedungen nicht mehr zu unserem heutigen Leben passen. Daniel Kahnemann spricht in diesem Zusammenhang von versunkenen Kosten.

Wenn frühere finanzielle Entscheidungen für die heutigen Pläne nicht mehr funktionieren, sollte man sie über Bord werfen.

14. Du und ich

Jede Person besitzt ihre eigene Geschichte, ihre eigene Perspektive und ihre eigenen Ziele. Aus diesem Grund hat auch jede Person einen individuellen Preis für jedes Gut, der von der individuellen Anlagestrategie abhängt.

Daraus folgt, dass ein Investment für einen Daytrader durchaus Sinn ergeben kann, wohingegen der Kauf des Anlageprodukt aus der Sicht eines wertorientierten Anlegers nicht zwingendermaßen als gut eingestuft werden muss, da Letzterer über einen anderen Ablagehorizont sowie eine andere Strategie verfügt.

Folglich sollte es vermieden werden, anderen Anlegern blind nachzueifern, ohne deren konkrete Strategie und persönlichen Hintergrund zu kennen.

15. Sirenengesang der Pessimisten

Vermutlich jedem ist es schon einmal passiert oder gar aktiv aufgefallen: Pessimisten regieren die öffentliche Meinung zu einem hohen Grade. Zwar gibt es auch jene realitätsfernen Optimisten, die bei allem stets nur das Gute und Positive, nie aber die Risiken sehen, jedoch wird man im Alltag feststellen, dass gerade eher pessimistische Aussagen getätigt und geglaubt werden. Aus diesem Grund an dieser Stelle ein Zitat, dass es aus meiner Sicht auf den Punkt bringt:

Ein Triumphlied … wird in der Regel von ständigen Paukenschlägen des Pessimismus übertönt. Wenn man sagt, die Welt sei besser geworden, kommt man vielleicht noch damit davon, als naiv und instinktlos bezeichnet zu werden. Wenn man aber sagt, die Welt werde auch in Zukunft noch besser werden, gilt man als total verrückt … Wer hingegen behauptet, es stehe eine Katastrophe bevor, kann mit einer wissenschaftlichen Auszeichnung oder sogar dem Friedensnobelpreis rechnen … Die Gründe für solchen Pessimismus wechselten je nach Mode, aber der Pessimismus an sich blieb immer auf demselben Niveau.

Wenn Ideen Sex haben (Matt Ridley) in Die Psychologie des Geldes - Morgan Housel

16. Wenn du alles glaubst

Diese Lektion schließt nahtlos an die vorherige an. Als Menschen leben wir in einer Ich-zentrierten Realität. Stets gehen wir davon aus, dass Andere doch zu den selben Schlussfolgerungen gelangen müssen. Das gilt sowohl in finanzieller als auch privater Hinsicht. Allerdings sollten wir uns immer wieder folgendes vor Augen führen:

Wir alle sehen nur einen Teil der Welt. Die Lücken ergänzen wir mit einem Narrativ.

Niemand von uns kann alles wissen. Jedoch haben Menschen ein intrinsisches Bedürfnis, dass alles um sie herum Sinn ergibt. Aus diesem Gund werden Wissenslücken mit Narrativen geschlossen. Wir erzählen uns selbst Geschichten, um die Welt um uns herum zu verstehen.

Ob das nun gut oder schlecht ist, soll an dieser Stelle nicht bewertet werden. Tatsache ist, dass es so ist. Und das sollten wir nie vergessen.

17. Geständnisse

Die letzte Lektion, die ich für mich aus dem Buch von Morgan Housel gezogen habe, sind jene Geständnisse über seine eigene finanzielle Herangehensweise. Besonders haben mir zwei Dinge dort gefallen, die ich hier festhalten möchte.

Erstens besteht wahrer Erfolg nicht darin, teure Autos zu fahren, große Villen zu besitzen und um die ganze Welt zu fliegen. Stattdessen erkennt man wahren Erfolg daran, dass man selbst aus dem Hamsterrad des Lebens (hauptsächlich hier in der westlichen Welt) aussteigen kann.

Wahrer Erfolg bedeutet, aus dem Hamsterrad auszusteigen und das zu tun, was dem inneren Frieden dient.

Des Weiteren betont er noch einmal die Natur des exponentiellen Wachstums, die Charlie Munger mit folgenden Worten auf den Punkt brachte:

Die erste Regel des exponentiellen Wachstums lautet, es niemals zu unterbrechen.

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